Neuerdings erscheint im Hallenmagazin der HSG die Rubrik „HSG macht Schule“, in der die seit Jahren bestehende erfolgreiche Partnerschaft zwischen dem Hermann-Vöchting-Gymnasium und der HSG Blomberg-Lippe genauer beleuchtet wird. Die dort abgedruckten Artikel werden zukünftig auch auf unserer Homepage veröffentlicht. Den Anfang macht ein Interview mit Celine Michielsen, die neben ihrem Beruf als Lehrerin am HVG auch Spielerin im Bundesligateam der HSG ist.
Lehrerin, war das schon immer dein Berufswunsch?
Ja, aber ich musste bereits früh schauen, dass ich meine Ausbildung mit dem Handballsport kombinieren konnte. Ich habe in einer Handballschule gelebt, ähnlich dem Internat hier in Blomberg, und konnte an einer umliegenden Schule mein Lehramtsstudium absolvieren. Dabei zeigte sich die Hochschule sehr flexibel und ich konnte einige Lehrveranstaltungen in Heimarbeit erledigen, musste dafür jedoch wöchentlich Leistungsüberprüfungen schreiben.
Wo hast du bisher unterrichtet?
In Holland habe ich während des Studiums die verpflichtenden Praktika absolviert. Nach dem Abschluss habe ich dann drei Monate an einer Schule in Balingen nahe Metzingen als Aushilfe gearbeitet. Meine erste richtige Anstellung habe ich aber hier am HVG in Blomberg erhalten.
Da du ja auch in Holland zur Schule gegangen bist, hast du nun einen guten Einblick in die Schulsysteme beider Länder. Wie unterscheiden sie sich? Und vor allem: Hattest du Anpassungsschwierigkeiten?
Das Lehrsystem in Holland ist ähnlich dem in Deutschland. Allerdings finde ich, dass die deutschen Lehrkräfte besser ausgebildet sind. Für mich persönlich war die größte Umstellung die Notengebung. In Holland reicht die Bewertungsskala von 1 bis 10, wobei die 10 die beste und die 1 die schlechteste Note ist. In meiner Anfangszeit am HVG habe ich daher zuerst holländische Noten gebildet und diese dann in das deutsche Notensystem übertragen. Zudem war das Alter der Kinder und Jugendlichen hier ungewohnt, da ich in Holland in der Grundschule unterrichtet habe.
Wie gefällt es dir am HVG?
Ich fühle mich sehr wohl. Das HVG ist eine sehr gut organisierte Schule. Zudem wurde ich herzlich aufgenommen, mir wurde alles erklärt und ich konnte jederzeit nachfragen. Ich kann mich hier einbringen und kann dadurch, dass ich nur Vormittagsunterricht habe, den Lehrberuf sehr gut mit dem Handball kombinieren.
Aber sicherlich gibt es auch Dinge, die dich nerven.
Da ich nur 15 Stunden Sportunterricht gebe, habe ich vielleicht manche Probleme nicht, die Kolleginnen und Kollegen haben, die in Vollzeit arbeiten und noch ein Zweitfach haben. Die Schülerinnen und Schüler könnten vielleicht manchmal besser zuhören, aber das ist sicherlich normal.
Nun bist du ja, wie wir alle wissen, nicht nur Lehrerin, sondern auch Profisportlerin. Training, Spiele, Unterricht, Konferenzen – wie bekommst du das alles unter einen Hut?
Am wichtigsten ist eine gute Planung. Meine Tage sind sehr strukturiert, auch schon Wochen im Voraus. In der Regel bin ich den ganzen Tag bis in den Abend unterwegs. Aber das kann ich dadurch gut bewältigen. Auch die Schule zeigt sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten flexibel und berücksichtigt meine Situation. So habe ich beispielsweise nur Vormittagsunterricht, kann gelegentlich Unterricht tauschen oder auch einmal eine Stunde nachholen, falls ich durch ein Auswärtsspiel doch einmal nicht unterrichten kann.
Helfen dir deine Erfahrungen als Leistungssportlerin auch im Unterrichtsalltag?
Ich habe immer Sport gemacht, weil ich etwas leisten wollte. Aber es ist schön und auch abwechslungsreich, Sport einmal aus einer anderen Perspektive zu erleben und Kinder und Jugendliche zu sehen, die Sport treiben, weil es ihnen Spaß macht. Ich kann nicht erwarten, dass meine Schülerinnen und Schüler den gleichen Leistungswillen im Sport besitzen wie ich. Natürlich ist Leistung auch in der Schule wichtig, aber eben nicht alles.
Sprechen dich deine Schülerinnen und Schüler auf deine Spiele an? Schauen sie zu?
Ein paar Schülerinnen und Schüler sehe ich immer auf der Tribüne sitzen. Insbesondere die Mädchen aus dem Internat treffe ich auch beim Training und in den Hallen. Die Schülerinnen und Schüler wissen einiges von mir, sprechen mich im Unterricht auch auf die Spiele an. Blomberg lebt eben Handball.
Wir haben ja auch einige talentierte Handballspielerinnen an der Schule, die in den Nachwuchsmannschaften der HSG spielen. Welchen Tipp kannst du den Mädels geben, um erfolgreich zu werden?
Man muss in jedem Training alles geben, denn man kann in jeder Einheit besser werden. Aber es muss auch Spaß machen, sonst bringt es nichts. Und man sollte neben dem Handball eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren, damit man sich ein Leben neben dem Sport aufbaut.
Was kommt nach deiner Handballkarriere? Wirst du Vollzeitlehrerin oder möchtest du dich noch einmal ganz neu orientieren?
Ich habe schon ein Fernstudium probiert, wollte mich zur Krankenschwester ausbilden lassen. Aber dies ließ sich nicht mit dem Handball kombinieren. Außerdem habe ich gemerkt, dass ich viel lieber vor der Klasse stehe. Aber vorher nehme ich mir eine Auszeit und will auch noch mein Studium für eine komplette Lehrtätigkeit erweitern.
(Interview: Michael Ehrhardt)