Das Schulsystem Schweden: Ist Schweden ein Vorbild?

Dieses Projekt soll zeigen, wie das Schulsystem in Schweden funktioniert und wie es sich von dem deutschen unterscheidet. Grundlegender Gedanke waren die schlechten PISA-Ergebnisse von deutschen Schülern und das gute Abschneiden der skandinavischen Ländern. Im folgenden Text wird das schwedische Schulsystem und der Alltag beschrieben.

Das Schulsystem:

Die meisten schwedischen Kinder besuchen ab dem 4. oder 5. Lebensjahr die Vorschule, außerdem ist jede Gemeinde verpflichtet jedem 6-jährigen Kind einen Platz in einer Vorschulklasse anzubieten. Die Schulpflicht beginnt für sie ab dem 6./7. Lebensjahr.

Der „Kern“ des schwedischen Schulsystems bildet die neunjährige Grundskola (Grundschule). An diese schließt sich die dreijährige Gymnasialschule an. Jedoch kann man sie nicht mit dem Gymnasium in Deutschland vergleichen. Im schwedischen Gymnasium findet nämlich ein großer Teil der Berufsausbildung statt, denn die Schüler können zwischen 2 hauptsächlich Studienvorbereitenden und 14 Berufsvorbereitenden Ausbildungsprogrammen wählen.

Dieses war jedoch nicht immer so, da Bildung für die meisten nicht im Vordergrund stand. Als die Volksschule 1842 in Schweden eingeführt wurde, herrschte erst Skepsis, erst Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam bei den Menschen der Gedanke auf, dass Bildung vielleicht doch etwas Nützliches sein könnte. Anfangs stand Religion im Vordergrund, doch ab 1919 rückten „Natur“ und „Gesellschaft“ in den Vordergrund.

In den fünfziger und sechziger Jahre änderte Schweden nicht nur die Struktur, sondern auch die Inhalte und Methoden des Schulwesens (z.B. Förderung der individuellen und sozialen Entwicklung der Jugendlichen).

Seit Beginn der 90er Jahre entscheidet der Staat über die Ziele, welche die Gemeinden (298) umsetzen müssen. Dafür bekommt jede Gemeinde finanzielle Mittel, um diese Vorgaben einhalten zu können.

Schulalltag:

Der Schultag beginnt morgens um ca. 8.00 Uhr und endet am frühen Nachmittag um 15 Uhr. Das Schuljahr beginnt im August und endet Anfang Juni. Die Schulpflicht besteht bis zum 16. Lebensjahr.

Grundskola:

Die Grundskola umfasst die Klassen 1-9, in der es zwei Lehrerstufen gibt. Es gibt Lehrer für die Klassen 1-6 und Lehrer für die Klassen 4-9. Der einzige Unterschied ist, dass die Lehrer der Stufe eins (bis Klasse 6) 3½ Jahre und die der Stufe zwei (bis Klasse 9) 4½ Jahre ausgebildet werden.

Die Lehrer-Schüler Relation beträgt 1 zu 8. Wie in Deutschland ist die Grundskola in der Nähe vom Wohnort.

Während der 9 Jahre Schule bleiben 20-30 Schüler immer zusammen, das soll die Jugendlichen dazu befähigen, stabile und lange andauernde Beziehungen zu bilden. Die Schüler sollen lernen einander zu helfen, Stärken zu entdecken und Schwächen gemeinsam abzubauen.

Anders als in Deutschland gibt es in Schweden die Zeugnisse erst ab dem 8. Schuljahr. Die Noten in der 9. Klasse entscheiden, welche Ausbildungsgänge in der Gymnasialschule besucht werden können. Mehr als 80% der Schüler erhalten einen Platz an der Gymnasialschule.

Die Individualisierung ist Grundlage der Grundskola. In der 5. Klasse verbringt ein Schüler durchschnittlich 24 Stunden pro Woche in der Schule.

Jede Schule kann selbst entscheiden wie der Schulalltag strukturiert wird. In der 5. und 6. Klasse lernen Schüler schon selbstständig zu arbeiten, sie erstellen mit ihren Lehrern Wochenpläne, in denen festgelegt wird, wann und in welchen Bereichen sie alleine arbeiten, wann sie mit anderen Schülern in Gruppen zusammen arbeiten und wann sie mit Lehrern zusammen arbeiten wollen.

Die Pflichtfächer in der 5. Klasse sind Schwedisch, Englisch, Mathe, Naturwissenschaften, Technik, Politik, Kunst, Musik, Werken, Sport und praktische Hauswirtschaft. Für jedes Fach gibt es einen internationalen Lehrplan, der Inhalte und Lernziele formuliert, die bis Ende der 5. Klasse erreicht werden müssen.

Gymnasium:

Nach den ersten 9 Schuljahren gehen die meisten Schüler für 2-3 Jahre auf das Gymnasium (einzige weiterführende Schule). Der Besuch der Gymnasialschule ist freiwillig. Mehr als 90% besuchen aber diese Schule, da sonst kaum Ausbildungsplätze erworben werden können. Es gibt 16 Ausbildungsprogramme am Gymnasien. Die Ausbildungsprogramme bereiten die Schüler auf das Arbeitsleben vor.

Um einen guten Abschluss zu erhalten, müssen schwedische Schüler gute Kenntnisse in Schwedisch, Englisch und Mathe haben.

Heute erreichen 2/3 aller Schüler den Abschluss an der Gymnasialschule. Mehr als die Hälfte der unter 25-Jährigen besuchen Universitäten.

Pflichtfächer am Gymnasium sind Schwedisch, Englisch und Mathe und die Gemeinschaftsbereiche sind Religion, Naturwissenschaften, Sport und Kunst.

Gepflegt wird der freundschaftliche Umgang zwischen Lehrern und Schülern (Lehrer werden geduzt). Voraussetzung hierfür sind Selbstverantwortung und Eigenmotivation der Schüler.

Berufschulen existieren in Schweden jedoch nicht, da man alles auf dem Gymnasium lernt.

Schüler gehen gerne in die Schule, es wird nicht nur gelernt, man trifft Freunde und es gibt oft Sonderveranstaltungen (Film-Projekttage). In Schweden ist das Mittagessen an fast allen Schulen gebührenfrei.

Wenn der Unterricht beginnt, schließt der Lehrer die Tür ab. Wer zu spät, kommt muss draußen warten und darf erst nach 10 Minuten klopfen.

Um die Kreativität zu fördern stehen Klaviere und Computer mit Internetzugang auf den Gängen. Die Schüler müssen mindestens 8 Kernfächer belegen und können sogar im Ballett ihr Abitur machen.

Studien:

Seit den 60er-Jahren nimmt Schweden an internationalen Schulleistungsstudien teil und schwedische Schüler erreichen gute Ergebnisse:

  • bei Naturwissenschaften und der Mathematik gehört Schweden nur zum Mittelfeld ABER im Lesen, den Fremdsprachen, der Staatsbürgerkunde und den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien gehören sie zur Spitzengruppe
  • Bei PISA-Studie der OECD ähnlich gute Ergebnisse
  • In PIRLS- Untersuchung von IEA kommt Schweden auf den ersten Platz (Lesefertigkeiten für 10-jährige SchülerInnen)
Evaluation:

In Schweden gibt es Planungs- und Entwicklungsgespräche, die einmal pro Halbjahr stattfinden. Dort wird besprochen, wo der aktuelle Entwicklungs- und Leistungsstand liegt und wie das nächste Jahr geplant werden kann.

Die nationale Behörde hat Schweden vorgeschlagen im 5.und 9. Schuljahr zentrale Tests zur Einschätzung des Lernstandes durchzuführen. Außerdem sollen die Gemeinden regelmäßig die Qualität ihrer Schule evaluieren.

In größeren Gemeinden wurden sogar Ämter eingerichtet, in denen es Experten für Evaluation und Schulentwicklung gibt. In den kleineren Gemeinden müssen sich die Schulen selber evaluieren oder die Verpflichtung zur Evaluation mit anderen Schulen lösen. Die Behörden kontrollieren alle 6 Jahre in allen Gemeinden die Qualität der Rahmenbedingungen und der Infrastruktur.

Fazit:

Somit bietet das schwedische Schulsystem viele Vorteile gegenüber dem deutschen.

50 Gedanken zu „Das Schulsystem Schweden: Ist Schweden ein Vorbild?“

  1. Hallo,
    möchte auf Alex Fragestellung aus meinen persönlichen Erfahrungen antworten.
    Tatsächlich hat sich im wesendlichen an dem Schulsystem Schwedens in den letzten Jahren nichts geändert. Um es kurz zu sagen, kann man den Wissensstand der schwedischen SChüler der 8 Klasse mit dem eines 5 Klässlers einer deutschen Schule vergleichen. Wahrscheinlich habe ich noch untertrieben. In Deutschland wären schwedische Schüler mit Sicherheit hoffnungslos verloren.

    • aber ich kannte das Schulsystem in der DDR,hier wäre ein BRD-Schüler/in auch hängen geblieben,denn die BRD war mindestens 4 Jahre zurück.Beispiel was ein Schüler in der 5.Klasse hatte,hatten die BRD-Schüler erst in der 8.Klasse.Ich habe es selbst erlebt

      • hahaha – was meinst Du damit? Das in der BRD die Russisch-Kenntnisse eines Achtklässlers so waren, wie die eines Fünftklässlers der DDR?
        Damit hast Du sogar recht, aber Russisch braucht kein Schwein. Englisch durfte demgegenüber nur Bevorzugte in der DDR lernen – man könnte sich ja am Klassenfeind orientieren.
        Aber was solls – typische DDR-Propaganda, wo ich nur drüber lachen kann – und ich habe es selbst erlebt, 1o Jahre lang………

  2. Hallo,
    „In Deutschland wären schwedische Schüler mit Sicherheit hoffnungslos verloren“. Das mag sein, wenn sie überhaupt kein Deutsch sprechen oder schreiben können und warum ist das so? Es liegt an dem Schulsystem, da es für mehrsprachige Kinder nicht gerade vorteilhaft ist. Hier kann man auch mit Sicherheit schreiben, dass die wertvollen Gedanken von Vygotskij leider fehlen. Meine Kinder und ich kennen sehr gut sowohl die schwedische als auch die deutsche Schule.
    Beide haben natürlicherweise ihre Vor- und Nachteile und gerade dadurch konnten meine Kinder so viele Erfahrungen sammeln UND sie sind nicht hoffnungslos verloren gegangen, nachdem sie fünf Jahre in Schweden auf die Schule gingen und danach in Deutschland. Es geht doch! =)

  3. Aus einem Kommentar von Professor Wolfgang Kühnel weise ich auf folgenden Link mit seiner Kommentierung hin:

    http://www.alltag-in-schweden.de/schulsystem.php

    Prof. Kühnel weist auf den seiner Meinung nach Kernpunkt darin hin(am Ende dieser Seite):

    „Jeder, der irgendwas besser kann als die anderen oder anders ist, wird schnell als Außenseiter angesehen und gemieden.“ Man muss die „richtige Mittelmäßigkeit“ haben, „Iagom“.
    Und es heißt: „Durch den fehlenden Leistungsdruck stumpfen gute Schüler ab und verlieren schnell das Interesse.“

    Da verwundert es nicht, dass Schweden bei PISA abgerutscht ist. Hier die PISA-Studie: http://www.oecd.org/pisa/pisaproducts/46619755.pdf

    • @ Rolf Eickmeier

      Es wundert mich doch sehr, dass sie einfach eine Kausalität zwischen dem Zitat des Prof. Kühnel (Obwohl ich nicht navollziehen kann, ob dieser Artikel wirklich von ihm stammt.) und den PISA Ergebnissen herstellen möchten.

      Die PISA Ergebnisse sind meines Erachtens mit Vorsicht zu genießen, da dieser internationale Test mit statistischen Schwierigkeiten zu kämpfen hat und keine kulturellen oder bildungsstrukturelle Veränderungen beachten kann, wie es aber in den Jahren wohl in Schweden zu vermerken ist.
      Davon könnten Sie sich ansatzweise in folgendem Artikel überzeugen http://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-531-91815-0_2#page-1

  4. @ mia
    Natürlich sind solche Tests mit Vorsicht zu genießen. Tatsache ist aber: Nach der ersten PISA-Studie 2000 haben uns zahlreiche Leute das schwedische Schulsystem gerade wegen der PISA-Punkte als eine Art von schulpolitischer Wunderwaffe angepriesen, auch zahlreiche Erziehungswissenschaftler, Bildungswissenschaftler, Politiker und natürlich die GEW. Jetzt, wo Schweden bei PISA 2012 abgestürzt ist und weit hinter Deutschland gelandet ist, wollen dieselben Leute nichts mehr davon wissen. Jetzt heißt es plötzlich: PISA ist gar nicht wichtig, und das stimmt ja alles sowieso nicht. Aber wieso war es denn vorher so wichtig? Noch heute geistert das Wort von „den skandinavischen PISA-Siegern“ durch die öffentliche Diskussion, besonders von den Befürwortern der „einen Schule für alle“.. Dabei lag selbst Finnland 2012 in Mathematik nur wenige Pünktchen vor Deutschland, und Schweden, Norwegen, Dänemark waren abgeschlagen.

  5. Hey, ich habe noch eine Frage zu der Benotung in schwedischen Schulen: stimmt es, dass man für 70% richtige Antworten/ der
    Punktzahl braucht, um ein Sehr Gut zu bekommen und es nur 3 Benotungsstufen gibt, wie sehr gut, aureichend und durchgefallen (oder anders genannt)?

  6. Nein, stimmt nicht mehr. Es gibt eine Skala von A-G , wobei A das beste ist und G durchgefallen bedeutet. Nun werden auch Nationale Tests in Ende der 3. Klasse in Mathematik und Schwedisch durchgefuehrt (nationella prov!).
    Eine Einteilung in Hauptschule, Realschule und Gymnasium gibt es in Schweden nicht. Nach der 9. Klasse gehen alle eben auf ein Gymnasium. Wer das Gymnasium nicht schafft, verlässt es mit „nicht erreichten Noten“ in gewissen Fächern, die man nicht schafft (ofullständiga betyg). Aber einen Abschluss bekommt man trotzdem. Leider steigt die Anzahl der Schueler, die ein unvollständiges Endzeugnis nach der Gymnasienzeit haben, also bei dem gewisse Fächer oder nur ein Fach nicht geschafft Worden sind. Man hat dann keine Endnote fuer gerade dieses Fach oder die Fächer. Wenn sie älter sind können sie an einem Erwachsenen Gymnasium ihre Noten nochmal aufarbeiten – ohne das gesamte Abitur nachholen zu muessen.
    Es war interessant zu lesen, wie durch mehr Leistungsdruck von Deutscher Seite her, die Deutsche Schule Auch mehr leistende Schuler zu haben scheint. Ich sehe z.Z. Kinder in der dritten Klasse und die Anforderungen sind wirklich nicht hoch. Andauernd finden aber Gespräche statt, bei denen Eltern und Schuelern erklärt wird, was das Ziel des Unterrichts ist und was von ihnen erwartet wird. Alles wird schriftlich festgehalten. Schuelerbuerokratie wird hochgehoben und dauernd sollen sie Einfluss ausueben duerfen – sogar auf die Lehrer! Es ist schriftlich vorgeschrieben, dass der Lehrer die Pflicht hat, den Schueler ans Lernziel zu fuehren. Der Schueler wird fuer sein Nicht-Erreichen der Lernziele nicht verantwortlich gemacht. Es ist eine richtige Pippi Langstrumpf – Einstellung. Am Ende kommt jedoch das böse Erwachen. Nämlich, dass doch recht viel abverlangt wird – und die Eigenverantwortung doch Eine Rolle spielt. Die Kids in Schweden haben nur etwas mehr Zeit fuer ihre Entwicklung, daduch dass es nicht so frueh Zeugnisse gibt, wird der Druck erst später bemerkbar. Ich hatte als Kind schon Zeugnisse ab der zweiten Klasse – vorher eine schriftliche Beurteilung in der ersten Klasse. Ich verstand frueher als die schwedischen Kinder, dass es um Zensuren ging und ich u.a. fuer ein gutes Zeugnis lernte. Hier kommt das mit Benotung und Zeugnissen wie ein grosses „Ach Du meine Guete“ – und die Kids (Eltern) sind sehr unruhig, wenn es losgeht mit den Zensuren. Einige Schueler ändern dann ziemlich schnell ihre Pippi Langstrumpf – Einstellung und werden zu Paukern und Musterschuelern, die gute Noten und ein vollständiges Endzeugnis nach dem Gymnasium erreichen. Andere meckern nur herum, kommen aber zum Essen in die Schule. Wer an eine Universitätsausbildung herankommen will, aber schlechte Zeugnisse hat, kann versuchen, eine Art Grosstest an der Uni zu machen (Högskoleprovet). Da sind mehrere tausend Leute, die durch diesen grossen Test versuchen, ihre Endnote aus dem Abi zu verbessern. Das Endzeugnis kann also durch eine gute Note vom Test an der Uni, der mehrere Stunden dauert, aufgewertet werden. Hinterher kann man sich dann erneut fuer eine bestimmte Ausbildung an der Uni bewerben. So tun das viele Studenten, die in juengeren Jahren Null Bock auf Schule hatten und inzwischen erwachsener geworden sind. In Deutschland kann man wohl an Abendschulen Auch sein Abitur nachholen – oder gibt es das nicht mehr. Wohne in Schweden seit 30 Jahren – und arbeite seit 16 Jahren in der Schule.

  7. Danke für den Artikel
    habe alle Kommentare gelesen , ich bin überzeugt wenn man das beste aus beiden Schulsystemen vereint ,
    wäre das für alle Kinder das beste. ich selbst bin 5 facher Vater und weiß wo von ich spreche .

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