Hohenschönhausen – Ein Trip in die Vergangenheit

Hohenschönhausen 2008Schon als unsere Klasse, die 10b vom Hermann Vöchting Gymnasium Blomberg, die Klassenfahrt nach Berlin plante, und feststand, dass wir auch das ehemalige Stasigefängnis besuchen werden, versuchten wir uns auszumalen und vorzustellen, was dort damals passierte. Wir alle dachten, wir hätten eine ungefähre Vorstellung davon, doch was uns ein ehemaliger Mitgefangener, Horst Jänichen, vor Ort erzählte, war die bittere Realität. Im negativen Sinne übertraf sie alle unsere Vorstellungen um ein Weites.

Nach einer kurzen Einleitung, in der er uns die Geschichte des Stasigefängnis und viele Daten und Zahlen nannte, führte er uns durch die vielen Gänge, in denen Folterkammern, Verhörräume und Zellen,
in denen die Gefangenen untergebracht waren, und wir versuchten nachzuvollziehen, wie es den bis 1990 Gefangenen hier wohl erging.

Horst Jänichen erzählte uns, dass 3/4 der Gefangenen zwar unschuldig, aber deswegen noch lange nicht verschont blieben. Um ein Geständnis zu erzwingen, war ihnen jedes Mittel recht. Körperliche und
psychische Folter bis aufs äußerste, sogar bis zum Tod, Verwahrlosung und Entpersonifizierung. D.h. ihnen wurde alles genommen, was sie zu einer eigenen Person machte.

Als körperliche Foltermethode gab es zum Beispiel die Stehkammer. Eine Zelle, in der man nicht sitzen, bzw liegen kann, da der Boden sowie die Wände mit herausstehenden (ca.3 cm hoch) Zacken überzogen wurden und somit nur das Stehen überblieb. Hier wurden die Gefangenen bis zu 3 Tagen gelassen, bekamen nur wenig essen und trinken, was schließlich mit dazu führte, dass sie völlig erschöpft zusammenbrachen. Danach waren sie in den meisten Fällen bereit dazu, die von den Stasi Leuten verfassten Geständnisse, zu unterschreiben.

Aber nicht nur diese Methode führte zum Erfolg. Um psychischen Druck auszuüben, wurden verschiedene Methoden angewandt. Zum Beispiel bei den Verhörungen. Wenn ein Gefangener in einen der 120 Verhörräume gebracht wurde, und eine Tochter hatte, konnte der Verhörer sein Telefon klingeln lassen, und ein fiktives Gespräch führen, was sich wie folgt anhören könnte: „Was? die Tochter hatte einen schweren Unfall? und wie sieht es jetzt aus? Oh, nicht gut, verstehe. Ja ich kann jetzt auch nicht öffentlich reden. Ich rufe heute abend zurück.“

Ein Vater, will natürlich wissen was passiert ist, wird labiler und macht es dem Verhörer somit leicht, ein Geständnis aus ihm raus zu bekommen.Die beiden Foltermethoden sollen als Beispiel reichen, mit was für Mitteln die Staatssicherheit damals gearbeitet hat.

Wenn die Gefangenen nicht gerade gefoltert wurden, saßen sie in ihren kleinen, nur mit einer harten, kurzen Pritsche ausgestatteten Zelle . Diese Zellen wurde entweder alleine bewohnt oder mit mehreren geteilt. Waschen durften sich die Gefangenen oft nicht, genausowenig wie Zähneputzen oder Haare schneiden. Demnach kann man sich vorstellen, wie es in eine Zelle mit mehreren Leuten gerochen hat. Freigang gab es auch.In einem kleinen, Hof . Die Gefangenen durften eine Viertelstunde hin und her
gehen, ohne einen Laut von sich zu geben, weil dies ein Zeichen für andere Gefangenen sein könnte.

Kommunikation war ihnen nämlich strengstens untersagt. Mit der Zeit entwickelten sie untereinander allerdings eine Klopfmethode. Einmal klopfen= A, zweimal Klopfen= B usw. Die Wärter bekamen es aber mit und haben es zu ihrem eigenen Vorteil genutzt. Sie benannten sogenannte Spitzel, denen sie eine bestimmte Zelle zum Kontaktaufnehmen zuwiesen, und die dann für die Wärter versuchten Informationen herauszubekommen. Diese Spitzel wurden aber ziemlich schnell entlarvt, wie uns Herr Jänichen erzählte, und überlebten somit nicht lange.

Insgesamt war diese ganze Führung sehr ergreifend. Niemals hätten wir das gedacht. Es hat uns alle sehr erschüttert, vorallem, weil Herr Jänichen aus eigener Erfahrung erzählte und viele persönliche Gedanken und Gefühle mit eingebracht hat.

Zum Schluss kann man sagen, dass sich das alles sehr gelohnt hat. Die Erfahrung und die Eindrücke, so traurig sie auch sein mögen, behält man in Erinnerung, und kann somit sein heutiges Leben viel mehr schätzen.

Anna Sophie Deppe, Ramona Stolte