Im letzten Schuljahr machte ich einen Austausch nach Combs-La-Ville in der Nähe unserer Partnerstadt Lieusaint in Frankreich. Zuvor hatte ich einen französischen Schüler drei Wochen zu Gast und dieser begleitete mich in der Schule und im Alltag, um etwas über das Leben in Deutschland zu erfahren.
Nach drei Wochen begleitete ich ihn dann nach Frankreich, wo ich zusammen mit ihm das Lycée Galilée besuchte. Dieses Gymnasium unterscheidet sich bereits in seinem äußeren Erscheinungsbild von unserer Schule, denn es ist von einem hohen Zaun mit einem Haupttor umgeben. Das Tor ist während der Stunden und außerhalb der Schulzeiten geschlossen, weshalb man sich nicht verspäten sollte. Zudem werden beim Betreten des Gebäudes gelegentlich Personalitätskontrollen durchgeführt. Die meisten Schulen in Frankreich sind auf diese Weise gebaut.
Auch der Unterricht war etwas anders als bei uns. Die Lehrer schienen dort eine größere Autorität zu besitzen, so sollte man sich beispielsweise nur hinsetzten, wenn man dazu aufgefordert wurde. Insgesamt wurde der Unterricht überwiegend frontal abgehalten. Dennoch waren die Leute dort sehr freundlich und ich konnte mich in den meisten Fällen gut mit meinem Schulfranzösisch verständigen. Manchmal fehlten an einigen Stellen zuweilen die Vokabeln, was aber in der Klasse, in die ich gegangen bin kein großes Problem darstellte, weil es sich um eine sogenannte ABI-BAC-Klasse handelte. Das heißt, dass die Jugendlichen in dieser Klasse zwei Abiturfächer auf Deutsch machen und somit am Ende der 12. Klasse sowohl ihr deutsches Abitur, als auch ihr französisches Baccalauréat bestehen werden. Daher hatte ich vor Ort besonders viel Deutschunterricht und Geschichte auf Deutsch. Ich wurde jedoch natürlich gebeten auf Französisch zu antworten und zu übersetzten.
Die Schule in Frankreich beginnt morgens später als in Deutschland, jedoch endete der Unterricht manchmal erst um 17:30 Uhr. Auch die Mittagspausen sind länger. Damit die Schüler trotzdem Zeit für Hobbies haben, ist mittwochs nur den halben Tag lang Unterricht. An diesen Wochentag habe ich meinen Austauschschüler zur Jugendfeuerwehr (JSP) begleitet und dort am Unterricht teilgenommen. Auch dort waren alle sehr gastfreundlich. Auffällig war jedoch der militärische Stil der Ausbildung. So war der Ausbilder beispielsweise mit „corporel“ anzusprechen und es wurden viele Apelle abgehalten. Die Ausbildung bei der Jugendfeuerwehr setzte sich aus theoretischem und praktischem Unterricht, sowie Kraft- und Ausdauersport zusammen. Für die meisten Jugendlichen dort ist sie nicht nur ein Hobby, denn sie wollen später diesen Beruf studieren. Für den freien Mittwoch mussten wir samstags einen halben Tag zur Schule gehen. Auch dies war etwas ungewohnt und im Endeffekt bevorzuge ich persönlich die komprimierte Schulzeit in Deutschland.
Meine Gastfamilie in Frankreich war sehr freundlich und aufgeschlossen. Sie haben sich sehr bemüht viel und deutlich mit mir zu sprechen und mir die französische Kultur nahe zu bringen. So haben beide Elternteile abwechselnd für uns gekocht und ich habe in der Zeit dort viele französische Spezialitäten kennengelernt. Zudem bemerkte ich viele Unterschiede in den Essgewohnheiten beider Nationen. Beispielsweise benutzen die Franzosen zum Frühstücken keinen Teller, dafür aber eine Schüssel mit Kaffee oder Kakao, in die sie ihr Brot eintunken. An den freien Tagen haben wir Versailles, den Louvre und Paris besichtigt, eine Bootsfahrt auf der Seine gemacht und Disneyland Paris besucht. Auch das war sehr beeindruckend.
Insgesamt war der Austausch für mich sehr erfolgreich und ertragreich. Ich konnte so neue Freundschaften in unserem Nachbarland schließen und meine Sprachkenntnisse verbessern. Außerdem erhielt ich so einen Einblick in die französische Kultur, den bei einer normale Reise dorthin nie bekommen hätte.
Lars Gleichmann