Der Düsseldorfer Landtag hat ein neues Schulgesetz beschlossen. Aus bisher sieben Schulgesetzen wurde nun ein einziges, das den Schulen neue Freiräume bieten soll und eine regelmäßige Erfolgskontrolle einführt. Für Lehrer, Schüler und Eltern ergeben sich jedenfalls einige gravierende Veränderungen.
Die Schulministerin Ute Schäfer (Lage) sagt dazu: „Mit der Verabschiedung des neuen Schulgesetzes hat der Landtag heute eine wegweisende Entscheidung getroffen. Nicht nur, weil NRW statt bisher sieben Schulgesetzen nun ein einheitliches, kompaktes und damit transparentes und bürgernahes Schulgesetz vorweisen kann, sondern auch, weil damit zugleich weitere zentrale bildungspolitische Reformvorhaben auf den Weg gebracht worden sind.“
Das neue Schulgesetz enthält 133 Paragraphen und damit deutlich weniger als die bisherigen Gesetze, die zusammen 238 Paragraphen umfassten. Aber nicht nur wegen des damit verbundenen Bürokratieabbaus sei das neue Schulgesetz von enormer Bedeutung, erklärte die Ministerin. „Das neue Schulgesetz ist zugleich die Grundlage für die Bildungsreform in Nordrhein-Westfalen und damit richtungweisend für unsere Schulen. Im Kern unserer Reformpolitik steht die Überzeugung, dass Schulen mehr Freiräume erhalten müssen, um selbstständiger arbeiten zu können. Gleichzeitig müssen klare Ziele festgelegt und deren Einhaltung auch überprüft werden. Für beides bildet das neue Schulgesetz die Grundlage.“
• Vom Schuljahr 2006/2007 an werden in NRW alle Schülerinnen und Schüler am Ende der zehnten Klasse – im Rahmen eines Abschlussverfahrens – schriftliche Prüfungen in Deutsch, Mathematik und einer Fremdsprache absolvieren. Hierfür wird das Ministerium landeseinheitliche Aufgaben stellen. Ebenfalls zum Schuljahr 2006/2007 werden für die schriftlichen Abiturfächer an Gymnasien und Gesamtschulen landesweit einheitliche Prüfungsaufgaben eingeführt.
Zusammen mit den Kernlehrplänen und den Lernstandserhebungen in den Klassen vier und neun verfügt NRW damit über ein umfassendes Konzept der Qualitätssicherung. Es wird ergänzt durch regelmäßige Schulinspektionen, die in NRW eingeführt werden sollen, sowie durch die Gründung einer Qualitätsagentur, die beispielsweise die Aufgaben für die jährlichen Lernstandserhebungen und die schriftlichen Prüfungen erarbeiten soll.
• Dieses System der Qualitätssicherung ermöglicht es, den Schulen mehr Freiräume zu geben bei den konkreten Entscheidungen, wie sie die vereinbarten Ziele am besten erreichen können. Dazu sollen die Schulleitungen mehr Befugnisse erhalten, aber auch die Schulaufsicht soll schulnäher beraten und unterstützen. Ein entsprechendes Reformmodell für die Schulaufsicht soll in den nächsten Jahren erprobt werden.
• Um Eltern und Schülern mehr Möglichkeiten zu geben, sich aktiv am Schulleben zu beteiligen, wird in den Schulkonferenzen der weiterführenden Schulen die Drittelparität eingeführt. Lehrer, Schüler und Eltern haben somit bei den meisten Beschlüssen gleiches Gewicht. Ausgenommen sind Entscheidungen, die den Kern der pädagogischen Arbeit von Lehrerinnen und Lehrern betreffen. Zu den Kompetenzen der Schulkonferenz gehört auch die Möglichkeit, Ausnahmeregelungen für das mit dem Schulgesetz neu eingeführte generelle Alkohol- und Rauchverbot an Schulen zu beschließen. So könnten die Schulkonferenzen – beispielsweise bei der Existenz eines entsprechenden Raucherzimmers – Ausnahmeregelungen für Lehrerinnen und Lehrer zulassen.
• Mit der Verabschiedung des Schulgesetzes wird die rechtliche Grundlage für die Einführung des Abiturs nach zwölf Jahren gelegt. Vom Schuljahr 2005/2006 werden für die Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen acht Jahre bis zum Abitur der Regelfall. Um mehr Jugendlichen den Weg zu höheren Abschlüssen zu ermöglichen, bleibt aber auch der Weg nach 13 Jahren möglich. Als Grundlage für die Schulzeitverkürzung wird schrittweise der Unterricht in den einzelnen Jahrgangsstufen ausgeweitet.
Als nordrhein-westfälische Besonderheit betrifft diese Ausweitung der Unterrichtszeit in den Klassen fünf bis zehn alle Schulformen – also Gymnasien ebenso wie Gesamtschulen, Realschulen und Hauptschulen. Dadurch verbessern sich die Rahmenbedingungen für eine individuelle Förderung an allen Schulen der Sekundarstufe I.
Um jenen Jugendlichen, die von anderen Schulformen in die gymnasiale Oberstufe wechseln und die mehr Zeit zum Abitur benötigen, den Weg nicht zu erschweren, sollen einige Gymnasien und Gesamtschulen eine so genannte Einführungsphase für die Oberstufe anbieten können. Daneben wird es an den Berufskollegs bei dreijährigen Bildungsgängen bis zum Abitur bleiben.
• Auch die Verantwortung der kommunalen Schulträger wird durch das neue Schulgesetz gestärkt. So haben die Kommunen nun die Möglichkeit, mehrere Schulformen organisatorisch unter einem Dach zu führen. Das bietet die Gewähr für ein wohnortnahes Schulangebot, auch wenn in einigen Jahren die Schülerzahlen sinken. Werden zwei Schulformen – also etwa Haupt- und Realschule – zusammengefasst, dann muss der Schulverbund mindestens dreizügig sein, also drei Parallelklassen pro Jahrgang aufweisen. Kommt eine dritte Schulform hinzu, also Gymnasium oder Gesamtschule, dann muss der Verbund mindestens fünfzügig sein. Außerdem können einzelne Schulen im Interesse eines wohnortnahen Angebots um einen anderen Schulzweig ergänzt werden – also etwa Hauptschulen um einen Realschulzweig oder umgekehrt.
• Mit dem neuen Schulgesetz wird die Bezeichnung Sonderschule durch den Begriff Förderschule abgelöst. Dadurch soll der Fördercharakter dieser Schulen stärker betont werden. Über die Primarstufe hinaus wird die Förderung von Schülerinnen und Schülern im gemeinsamen Unterricht nun auch in der Sekundarstufe I zugelassen.
• Träger privater Ersatzförderschulen werden in den kommenden Jahren schrittweise finanziell entlastet, da ihr Eigenanteil reduziert wird. Der Gesetzgeber kommt damit einer Forderung vor allem der Waldorf- Sonderschulen nach. An diesen Schulen sind die Eltern selbst die Träger und mussten daher einen wegen der hohen Personalkosten vergleichsweise höheren Eigenanteil aufbringen.
• Durch den gesetzlich fixierten Status einer anerkannten Ergänzungsschule werden die rechtlichen Bedingungen für jene Privatschulen präzisiert, die nicht Ersatzschulen sind und damit nicht überwiegend öffentlich sondern privat finanziert werden. Um als Ergänzungsschule anerkannt zu werden, muss eine internationale oder ausländische Schule mehrere Bedingungen erfüllen: unter anderem muss an ihr der Schulabschluss eines EU-Staates oder ein internationales Baccalauréat erreicht werden können und an ihrer Errichtung bzw. ihrem Betrieb muss ein öffentliches Interesse bestehen. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, entscheidet künftig das Ministerium. Für die Aufnahme von der deutschen Schulaufsicht unterliegenden Schülerinnen und Schülern schon im Grundschulalter sind enge verfassungsrechtliche Grenzen geboten und müssen die Schulträger eine Reihe zusätzlicher Bedingungen erfüllen. So darf diese Schule nicht überwiegend der Beschulung deutscher Kinder dienen und der Schulträger muss dafür Sorge tragen, dass eine Sonderung nach Besitzverhältnissen nicht gefördert wird.
Weitere Informationen zum neuen Schulgesetz sowie dessen Wortlaut finden Sie auf der Homepage des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder in NRW.
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