Hoffnung ist immer begründet


Interview mit Thomas von Heesen während des 3. Ostwestfälischen- Sportstudios in der Sparkasse Blomberg/ von Joachim Harms

Wir gratulieren Arminia Bielefeld zum siebten Aufstieg in die 1. Bundesliga!

JH: Glauben Sie, dass es noch Vorbilder wie Helmut Rahn oder Fritz Walter im momentanen deutschen Fußball gibt? Oder ist dieser Typus von Fußballern bereits ausgestorben?

von Heesen: Ja, natürlich gibt es solche wie Oliver Kahn, der mittlerweile als Idol für junge Torhüter gilt. Aber natürlich auch ein Michael Ballack, der sicherlich noch nicht ganz zu einer Persönlichkeit geworden ist, aber sicherlich auch noch einen ähnlichen, höheren Stellenwert erreichen kann. Wir haben schon noch zwei, drei Spieler, die in den Bereich „Vorbild“ passen. Ballack hat ja auch eine sehr gute WM gespielt, insofern haben wir da schon einige, die dann irgendwann einmal zu diesen Idolen aufsteigen können.

JH: Haben Sie sich schon einmal genauer mit dem Mythos „Fußballweltmeisterschaft 1954“ befasst? Obwohl Sie ja bekanntlich nicht so gerne über „früher“ reden.

von Heesen: Wir haben ja alle den Film gesehen…

JH: Was heißt „Wir“? Die ganze Mannschaft von Arminia Bielefeld?

von Heesen: Ja, wir waren komplett mit der ganzen Mannschaft im Kino und haben uns den Film „Das Wunder von Bern“ angesehen. Ich fand den Film nicht nur von der Warte „Fußball“ klasse, sondern auch von der Geschichte, die dabei gelaufen ist. Außerdem war der Film inhaltlich sehr unterhaltsam. Es ist ein sehr gelungener Film, der auch genau widergespiegelt hat, wie es damals auch fußballerisch, d.h. in und um die deutsche Nationalmannschaft, abgelaufen ist.

JH: Um jetzt einmal konkret auf Arminia Bielefeld zu kommen: Glauben Sie, dass Spieler wie Mathias Hain, Roland Benschneider oder Detlev Dammeier in Bielefeld bereits die Position eines Vorbildes, wenngleich nicht eines Idols, einnehmen können oder mangelt es noch an Durchsetzungskraft bzgl. der Verbindung zu den Fans? Darf man diesen Spielern vielleicht den Stellenwert noch gar nicht einräumen?

von Heesen: Bielefeld hat ja, seitdem ich 1994 nach Bielefeld gekommen bin, ganz andere Spieler von ganz anderer Qualität bisher gehabt. Da waren Uli Stein, Fritz Walter, da war ich dabei, da war ein Armin Eck, da waren viele Spieler, die lange Zeit auch in der 1. Liga eine wichtige Position einge- nommen hatten, und ich glaube, dass wir im Moment ältere, erfahrene Spieler haben, die in Bielefeld zu Persönlichkeiten geworden sind, dass Sie sich aber auch im Umfeld als solche darstellen. Mathias Hain ist sicherlich so einer, der ein sehr hohes Maß an Identifikation mit sich bringt und er ist auch einer derjenigen, zu denen das Wort „Vorbild“ passt.

JH: Wie würden Sie generell das Verhältnis in Bielefeld zwischen Spielern und Vereinsführung auf der einen Seite und Fans auf der anderen Seite beschreiben? Herrschen in Bielefeld Verhältnisse wie beispielsweise in Madrid, wo die Spieler nach den Spielen unverzüglich in Ihren Sportwagen und Limousinen wegfahren?

von Heesen: Sicherlich ist das Verhältnis in Bielefeld zwischen den beiden Seiten sehr persönlich. Ich sage immer, ich kann nur die Zeit, in der ich das komplett erlebt habe, Revue passieren lassen. Ich glaube, dass es anfangs (1994) schon sehr schwer war, auch aufgrund der Thematik „Arminia Bielefeld kauft groß ein an 1.Liga-Spielern“. Unter dem Druck des Aufstiegs hat man dann zu den Fans eine Bindung erreichen können, die natürlich anfangs nicht witzig war, aber dann haben die Fans erkannt, dass es die 1. Liga-Spieler sind, die den Erfolg bringen.

Das haben wir dann schnell auch geschafft. Die Bindung wurde neben der Identifikation immer besser, dann gab es leider diese Wechselbäder „Aufstieg-Abstieg-Aufstieg- Abstieg“. Das hat die Fans natürlich enorm strapaziert, allerdings will der Fan natürlich eine Mannschaft sehen, die in Bielefeld marschiert und dann identifiziert sich der Fan natürlich viel schneller, als wenn langweiliger Fußball gespielt wird.

Ich glaube, dass es jetzt mit dem neuen Trainer Uwe Rapolder einen neuen Offensiv-Fußball geben wird, von dem man erste Ansätze bereits jetzt erkennen kann.

JH: Auch unter der Berücksichtigung der Tatsache, dass Sie den Film schon kennen: Welchen Fußball hätten Sie lieber gespielt? Den knochenharten Fußball der 50er Jahre oder den schnelleren und moderneren der heutigen Zeit?

von Heesen: Nein, ganz klar heute. Das Problem ist ja, dass die Spieler meiner Altersklasse wie Uli Stein, Armin Eck oder Fritz Walter von der Erfahrung den jungen Spielern meilenweit voraus sind. Wir können es aber nicht mehr umsetzen, ist ja klar. Auf der anderen Seite wünscht man sich nun doch in der heutigen Zeit zu spielen, um einfach den Vergleich noch mal zu haben. Aber meine Zeit ist nun mal vorbei und man sollte den Spielern, die das noch vor sich haben, soweit wie möglich helfen und Tipps geben, dass sie weiterkommen.

JH: Meine letzte Frage zielt in eine ganz andere Richtung: Ist die Hoffnung, dass der DSC Arminia Bielefeld in der nächsten Saison in der 1. Fußballbundesliga spielen wird, begründet?

von Heesen: Die Hoffnung ist immer begründet, insofern, dass man eine Mannschaft hat, bei der man sieht, wie sie sich momentan präsentiert, dass sie ambitioniert ist, dass sie auch angreift und immer noch die theoretische Chance hat, die praktische natürlich auch. Ich meine, sechs Punkte sind natürlich eine Menge bei neun Spielen, die noch ausstehen. Aber trotzdem den Glauben daran einfach beizubehalten und alle Möglichkeiten auszuschöpfen, ist die Marschroute, die ich immer wieder ausgebe. Wenn’s nicht klappt, haben wir alles versucht und jeder hat sich anständig den Hintern aufgerissen um alles zu erreichen. Ansonsten greifen wir im nächsten Jahr wieder an.

JH: Vielen Dank, Herr von Heesen, für das Interview.

von Heesen: Bitte, überhaupt kein Problem.