Unser Pädagogikkurs (12.1; Abiturjahrgang`06; Eickmeier) behandelte im Unterricht die Problematik des Spracherwerbs und dessen Gewichtigkeit im Hinblick auf die Gesamtentwicklung eines Kindes.
Steigendes Interesse an diesem Thema führte zu dem Beschluss, in kleineren Gruppen selbst nachzuforschen. Wir wollten herausfinden, ob und in wie weit Sprachdefizite in den letzten Jahren zugenommen haben, welche Gründe dies haben kann und was mit welchem Erfolg gegen dieses Phänomen getan wird.
Folgender Text dokumentiert unser Vorgehen und unsere Erkenntnisse.
Am 07.12.`04 um 14.30 Uhr hatten wir einen Termin für eine Befragung im Kindergarten in Sabbenhausen. Wir konnten uns mit einer Kindergärtnerin, welche sich im Bereich der Sprachförderung bereits weitergebildet hatte und sich weiterhin in diese Richtung fortbilden lässt, unterhalten.
Zuerst erklärten wir ihr, auf welchen Themenbereich genau sich unser Interview beziehen würde. Wir sagten, dass wir zur Sprachförderung im Allgemeinen gerne etwas erfahren würden. Sie erklärte uns, dass dieses Thema in der letzten Zeit sehr großen Stellenwert in der Kindererziehung gewonnen hätte.
Die Frage, ob sie persönlich eine steigende Anzahl von Sprachdefiziten bei ihren Schützlingen innerhalb der letzten Jahre festgestellt habe, musste sie mit „Ja.“ beantworten. Sie meinte, dass man diese steigende Zahl nicht auf die vermehrte Arbeitstätigkeit der Mütter zurückführen könne, da die Kinder ja andere Bezugspersonen in so einem Fall hätten.
Die Kindergärtnerin selbst würde diese Entwicklung auf den immer schneller werdenden Lebensalltag der Familien zurückführen. (Was bedingt auch an der Arbeitstätigkeit der Mutter liegen kann.) Ebenso dürften wohl Fernsehen und Computerspiele einiges zu der Erscheinung von Sprachproblemen beitragen. Der „In-put“ der Sprache bei diesen Medien ist wohl vorhanden, aber da die Kinder nur „berieselt“ werden und nicht aktiv sprechen, werden sie auch nicht optimal auf dem Gebiet der Sprachkommunikation gefördert.
Nun wurde uns erläutert, dass diese Sprachdefizite sich auf unterschiedliche Art und Weise äußern würden: Der Wortschatz wäre in vielen Fällen nicht so breit gefächert, wie es für das Kindergartenalter üblich wäre. Buchstaben würden vertauscht werden, die Grammatik wäre fehlerhaft und Stottern und Lispeln wären in vermehrtem Maße zu beobachten.
Anschließend erkundigten wir uns, ob und wie andere Kinder aus der Gruppe auf Sprachauffälligkeiten reagieren würden. Uns wurde gesagt, dass die Kinder sich deswegen nicht ausschließen würden und sich teilweise auch gegenseitig verbessern würden. Dies sei im Normalfall auch die beste und natürlichste Sprachförderung, da Kinder untereinander effektiver voneinander lernen würden, als durch Erwachsene.
Ebenfalls wurde uns gesagt, dass eine Verbesserung im Sinne: „Nein, das heißt/ das spricht man so und so…!“ nicht sinnvoll ist, da man den Kindern dadurch signalisieren würde, dass sie zu dumm seien und so etwas sowieso nicht richtig könnten und auch nicht können würden. In solch einem Fall, sollte man das Kind unterschwellig und indirekt auf seinen Fehler hinweisen, indem man das falsch ausgesprochene Wort richtig in anderem Zusammenhang noch einmal wiederholt.
Als nächstes fragten wir nach, ob und wie man als Erzieher/in auf stärkere Sprachdefizite reagieren würde. Uns wurde erläutert, dass man erst schauen müsse, wie sich das Kind in der Gruppe und mit der Zeit entwickele. Sollten wirklich starke Defizite im Sprachverhalten über längeren Zeitraum zu beanstanden sein, würden die Eltern dieser Kinder direkt angesprochen. Ihnen wird dann zum Beispiel geraten einen Kinder- oder Hals-Nasen-Ohrenarzt aufzusuchen, welcher dazu in der Lage ist, das Kind zu einem Logopäden zu überweisen.
Nebenbei wird auch im Kindergarten selbst die Teilnahme an einer „Sprachförderungsgruppe“ (Tolle Truppe) angeboten, welche mit fünf bis zehn Kindern besetzt sein kann. Das Angebot dieser Kurse ist nur durch staatliche Förderung und mit Einsatz einer fortgebildeten Person zu realisieren.
Ebenfalls durften wir erfahren, dass das „Sprachproblem“ erst als solches gesehen wird, seitdem die erste „Pisa“- Studie durchgeführt wurde und unsere deutsche Bildung in den Medien „durch den Schlamm gezogen“ wird.
Die Erzieherin, mit der wir das Interview führten, bezeichnet ihren Kindergarten humorvoll als „Testlabor“, da in nächster Zeit einige Sprachstandsbogen auszufüllen seien und der „Bisc-Test“ ebenso in den „Startlöchern“ stehen würde.
Zum Abschluss wurde uns noch erklärt, dass es wohl außerordentlich wichtig für ausländische Kinder sei (bei denen oft Sprachschwierigkeiten zu beobachten sind), erst die eigene Muttersprache zu beherrschen, bevor sie im Stande seien, eine Zweitsprache zu erlernen.
Außerdem kommt jährlich ein Spezialist, in diesem Fall von der Sprachheilschule in Blomberg, um einige Kinder, mit Erlaubnis der Eltern, in Augenschein zu nehmen. Ebenso gibt es einen jährlichen Besuch des Amtsarztes. Beide sind dazu in der Lage, die Kinder zu einem Logopäden zu überweisen, bei welchen die Wartezeiten immer länger werden. Dieser nimmt meist auch nur Kinder, die kurz vor der Einschulung stehen.
Ganz groß geschrieben wird auch die direkte Zusammenarbeit mit den Eltern der Kinder. Zum Beispiel werden regelmäßig Elternabende veranstaltet, bei denen allgemeine Anregungen und Infos zur „aktiven“ Kindererziehung gegeben werden.
Erstellt von:
Susanne Göring, Anne-Maria Klemm, Tanja Ehlert, Sonja Buder