Im Sommer 1942 begannen das britische Bomberkommandos durch Nachtangriffe mit bis zu 1.000 Bombenflugzeugen die deutschen Städte zu zerstören.
Die Auswahl der anzugreifenden Städte hing vom Stand der Navigations- und Zielfindungstechnik ab. Zunächst wurden die Städte im Norden und Westen des Reiches getroffen, die leichter anzufliegen waren.
Anderseits wählte das Bomberkommando solche Städte aus, die als Rüstungszentren und Verkehrsknotenpunkte für die Kriegswirtschaft von besonderer Bedeutung waren. So erfolgte die Auswahl Kassels als Ziel im Oktober 1943, unmittelbar nachdem der britische Geheimdienst gemeldet hatte, dass in den Fieseler-Werken die Flugbombe „V1“ gebaut würde.
Das Ziel der britischen Angriffe war jedoch nicht primär die Vernichtung der Rüstungswerke; die Trefferwahrscheinlichkeit bei Nachtangriffen war zu gering, und es hatte sich gezeigt, dass selbst bei schweren Zerstörungen die Betriebe schon nach wenigen Wochen wieder produzierten.
Im Gegensatz zu den amerikanischen Luftstreitkräften, die bei Tag und unter schweren Verlusten immer wieder bestimmte Schlüsselindustrien (z.B. für Flugzeugzellen, Kugellager, Treibstoff) angriffen und so die Rüstungsproduktion zu lähmen hofften, zielte die britische Strategie auf die „Moral der feindlichen Zivilbevölkerung und besonders der Industriearbeiter“ (Churchill).
Ziel der Angriffe war jeweils das dichtbebaute Stadtzentrum, das durch den Massenabwurf von Brandbomben zerstört wurde. Wenn dabei auch in der Nähe liegende Industrieanlagen getroffen wurden, so betrachtete man dies als „willkommene Zugabe.“
Man hoffte, die nächtlichen Luftalarme, die ständige Lebensgefahr und nicht zuletzt die Zerstörung der Wohnungen würden die Arbeiterschaft so sehr zermürben, dass die Rüstungsproduktionen absinken würde und es evtl. sogar zu einem Druck der Zivilbevölkerung auf die Naziführung kommen könnte, den Krieg zu beenden.
Diese Hoffnungen waren allerdings trügerisch. Die Arbeitsproduktivität in den vom Bombenkrieg besonders betroffenen Gebieten sank ab, aber dennoch erreichte die deutsche Rüstungsproduktion bis Mitte 1944 immer neue Rekorde.
Viele Deutsche gaben die Schuld an der Zerstörung ihrer Städte nicht Hitler, der im Sommer 1940 das Flächenbombardement britischer Städte befohlen hatte, sondern fühlten sich als unschuldiges Opfer britischen „Terrors“.
Der Angriff auf Kassel mit etwa 500 viermotorigen Bombern am Abend des 22. Oktobers 1943 war nur einer von mehreren Dutzend ähnlicher Angriffe auf deutsche Städte im Sommer und Herbst 1943.
Das Ausmaß der Zerstörungen und die Zahl der Todesopfer waren jedoch außergewöhnlich hoch. In der Altstadt – dem größten geschlossenen Fachwerkzentrum Deutschlands – kam es zu einem verheerenden Feuersturm; Tausende von Bürgern erstickten in den Kellern der alten Häuser und in den öffentlichen Luftschutzräumen, die in den Brauereikellern mehrere Gasthäuser eingerichtet waren.
Die Zahl der Toten – es waren etwa 10.000 – wurde nie genau festgestellt.
Quellenangaben werden noch nachgereicht.