Das Interview wurde mit der Leiterin der Kindertagesstätte anhand des Fragebogens (s. Anhang) durchgeführt. Die Tagesstätte hat keine festen Gruppen, daher ist es ein offener Kindergarten, in dem den Kindern viele Freiheiten und Möglichkeiten gegeben werden damit sie sich frei entfalten und gut entwickeln können.
Die derzeitige Gruppengröße von sechsundvierzig Kindern wird von fünf Erzieherinnen betreut. Wie andere Kindertagesstätten haben auch sie mit Sprachproblemen der Kinder zu tun. Am häufigsten treten dabei Probleme wie Lispeln, Buchstaben vertauschen bzw. –auslassen, Grammatikfehlstellungen und allgemeine Entwicklungsrückstände auf.
Insgesamt treten allerdings relativ wenige Sprachprobleme bei ihnen auf, was die Leiterin mit der niedrigen Anzahl von Immigranten-Kindern verbindet.
Sollten Probleme auftreten, so dass die Erzieher dieses durch die Schulung und durch Kennenlernen von Entwicklungsstufen während ihrer Ausbildung merken, suchen sie den Kontakt mit den jeweiligen Eltern, informieren sie und raten ihnen mit dem Kind zuerst einen Sprachtest bei einem Logopäden bzw. Sprachtherapeuten zu machen, der feststellen soll, ob tatsächliche Sprachprobleme vorliegen.
Bei akuten Fällen wird zu einer Therapie bei einem Logopäden geraten. Verpflichten können sie das Kind bzw. die Eltern dazu nicht, aber generell nehmen die Eltern den Vorschlag der Erzieher an.
Im Laufe des Kindergartenalltags wird das Ausdrucksvermögen und die Grammatikanwendung der Kinder von den Erziehern ständig beobachtet. Vor einiger Zeit gab es noch die Möglichkeit, dass eine Sprachheiltherapeutin einmal pro Woche in den Kindergarten kam und mit den Kindern speziell die Feinmotorik geübt hat (z.B. Tischtennisbälle weggeblasen -> Mundmuskeln beansprucht).
Leider kann dieses Angebot aus finanziellen Gründen nicht mehr von der Stadt ermöglicht werden. Jedoch führen die Erzieher selbst ein halbes Jahr vor der Einschulung der Kindern einen Test durch, der gezielt testet, ob eine Lese- / Rechtschreibschwäche vorliegen kann bzw. sich entwickelt.
Das Bielefelder- Screening ermöglicht zudem auch, die Sprachentwicklung der Kinder zu testen. Nach einem ausführlichen Test, der bei jedem Kind einzeln, aber für jedes Kind gleich, durchgeführt wird, werden die Kinder je nach ihrer Entwicklung in verschiedene Gruppen (4-8 Kinder) aufgeteilt, in denen sie auch die für das Programm „hören, lauschen, lernen“ benötigte 20 Wochen bleiben.
Die Kinder werden täglich in den Gruppen 10- 15 Minuten mit maximal 2 Spielen gefördert (s. genauere Beschreibung).
Generell sind die Kinder aber auch zum Sprechen motiviert. Sie erzählen gerne, was an dem Wochenende oder Tag vorher passiert ist und durch die Regelung mit der „Sprechmurmel“ im Morgenkreis, die im Kreis an jeden weitergegeben wird, besteht auch für jedes Kind die Möglichkeit erzählen zu können.
Neben der Murmel werden auch gerne Handpuppen, das Kasperletheater, Puzzle, Bücher, (Bewegungs-) Lieder, Gedichte etc. genommen um die Kinder zu motivieren. Durch die spielerische Art bekommen die Kinder es auch nicht bewusst mit, dass es auf das eigentlich Sprechen hinausläuft und sind daher auch nicht abgeneigt und beteiligen sich gerne bei solchen Angeboten.
Falls kein eigener Wille zum Sprechen vorhanden ist, sprechen die Erzieher das Kind immer wieder gezielt an und fordern es ggf. auf ganze Sätze zu sprechen, beauftragen es z.B. Spielsachen zu holen und beziehen es immer wieder in ein Spiel oder eine Gesprächssituation mit ein.
Eine direkte Vorbeugung für Sprachproblem gibt es nicht. Allerdings wird der Kindergarten und sein ganzes Programm als sprachfördernd gesehen, weil alles auf das Sprechen und Kommunizieren mit den Erziehern und mit den anderen Kindern hinausläuft. Die Kinder sind praktisch darauf angewiesen, dass sie sich untereinander verständigen (s. Beispiel ausländische Kinder).
Im Prinzip müssen sich die Erzieher auf jedes Kind individuell einstellen, wie es in den Kindergarten kommt und dann können sie auf die Schwächen der Kinder gezielt eingehen und z.B. den Wortschatz durch gezielte Spiele mit alltäglichen Begriffen erweitern.
Als ein wichtiger Bestandteil der Wortschatzerweiterung werden auch die Waldspaziergänge oder Ausflüge zum Bauernhof, Feuerwehr o.ä. gesehen. Dort lernen sie Fachbegriffe aus einem neuen Bereich und können durch Sehen und Anfassen die Begriffe zuordnen und sich besser merken.